Eine engstirnige Wirtschaftspolitik verhindert mehr Wettbewerb auf dem Taximarkt. Innovation versus Bürokratie. Eine Zusammenfassung, warum der Umgang mit Uber kontraproduktiv ist.
Der private Taxivermittler Uber greift über das Internet das staatlich geschützte Taxikartell in Deutschland an und schafft einen neuen Markt. In der Regel kommen diese Ideen und Innovationen aus den USA. Silicon Valley ist das Eldorado der Entrepreneure, Glücksritter und Risikokapitalgeber. Ein solcher Ort hat einen enormen Einfluss auf eine Volkswirtschaft. Er ist die Basis für die Innovationsfähigkeit eines Landes und er sichert die Zukunftsfähigkeit im globalen Wettbewerb. Viele Länder wollen dieses Konzept kopieren, ohne zu wissen, wie die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aussehen müssen, um selber derart erfolgreich sein zu können. In Deutschland wird derzeit der Markteintritt von Uber kontrovers diskutiert. Das Problem hierzulande ist dabei nicht die Idee der Taxivermittlung an sich – es ist die engstirnige Wirtschaftspolitik, die Innovationen im Keim erstickt. Nachfolgend ein Überblick über das Internet, das deutsche Taxikartell und die heimische Wirtschaftspolitik.
“Oh, they have the internet on computers now!”
(Homer Simpson, Nuclear Safety Inspector)
Vor Jahrzehnten wurde am CERN in der Nähe von Genf, der Europäischen Organisation für Kernforschung, das sogenannte ‚World Wide Web‘ erfunden. Dank deutscher Beteiligung an diesem Projekt sind deutsche Berufspolitiker bis heute stolz auf die Leistung. Seitdem scheint sich diesbezüglich jedoch wenig in Deutschland getan zu haben. In Sonntagsreden werden derzeit viele Phrasen von der Geschwindigkeit im Internet gedroschen.
Die politischen Propheten behaupten, dass im Jahr 2018 flächendeckend Daten mit einer Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde verschickbar sein sollen. In China und Südkorea laufen jetzt schon Tests, um 1 Gigabit pro Sekunde, also 1000(!) Megabit, bereitzustellen. In Asien werden digitale Silberpfeile ins Rennen geschickt, während wir noch mit Kutschen fahren.
Das deutsche Problem kann an einem einfachen Vorgang festgemacht werden. Der Versuch des Markteintrittes von Uber ist ein aktuelles Beispiel für die Innovationsfeindlichkeit in Deutschland. Uber ist ein amerikanischer Vermittlungsdienst für Personenfahrten und hat drei unterschiedliche Angebote:
- UberBlack – Mietwagen mit Fahrer
- UberTaxi – reguläre Taxis
- UberPop – private Fahrer zur Personenbeförderung
UberPop, im Folgenden nur noch Uber genannt, erregt in Deutschland gerade große Aufmerksamkeit. Viele Stadtverwaltungen versuchen, Uber gerichtlich verbieten zu lassen. Die Argumente gegen diesen Dienst sind vielfältig und häufig einfältig. Reguläre Taxiunternehmen und -fahrer unterliegen strengen Reglementierungen. Angefangen von der Farbe des Taxisschildes auf dem Dach bis hin zur Ortskenntnisprüfung und dem Erwerb einer Konzession. In einigen Städten muss jahrelang auf eine Konzession gewartet werden.
“Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen.” (chinesisches Sprichwort)
Hauptargument der Gegner von Uber sind die Probleme der Bezahlung und der gewerblichen Tätigkeit. Da auch bei den privaten Fahrern eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt wird, ist eine Gewerbeanmeldung zwingend nötig. Dies bedeutet, dass die Pflichten für eine gewerbliche Personenbeförderung und die Regelungen für gewerbliches Einkommen zu erfüllen wären. Langwierige Gerichtsprozesse werden deswegen geführt; Gerichtsbeschlüsse seitens Uber aber gerne auch mal ignoriert. Auch diverse Versicherungsfragen sind strittig und werden daher häufig angeführt. Der private Fahrer muss der eigenen Versicherung melden, dass er für Uber auch Fahrgäste transportiert. Er nutzt sein Fahrzeug also nicht mehr rein privat. Verschweigt der Fahrer dies und kommt es zu einem Unfall, könnte die Versicherung von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen – ein Umstand, über den sich vermutlich die wenigsten Uber-Fahrer im Klaren sind.
Weiterhin will der Staat dafür sorgen, dass die „Taxi-Qualität“ erhalten bleibt. Die Politiker handeln, als ob die Bürger nicht in der Lage sind, Entscheidungen auf dem Markt selbstständig zu treffen, um ihren Nutzen zu optimieren. Der Staat selbst bevormundet also die Bürger und begründet bzw. stützt damit gleichzeitig Kartelle. Dabei sind die Qualitätssicherung und deren Verbesserung ein immerwährendes Problem.
Der Nutzer unterliegt auf dem Markt immer einer asymmetrischen Informationsverteilung zu seinen Ungunsten. Kann er überprüfen, dass Taxifahrer und -fahrzeug sicher sind? Ist es ein Qualitätsmerkmal, dass die Taxifahrer in Großstädten heutzutage per Navigationsgerät fahren? Kann der Kunde auf das TÜV-Siegel vertrauen und darauf, dass der Fahrer überhaupt eine gültige Fahrerlaubnis hat? Und wer kann die Qualität beim TÜV überprüfen? Der ADAC lässt grüßen…
Dieselben Probleme gibt es bei privaten Anbietern. Nur bieten diese vielleicht Möglichkeiten der Qualitätssicherung an. Denkbar und umsetzbar sind Fahrer- und Fahrzeugbewertungen mittels App und Sicherheitsvorkehrungen wie Tracking mittels GPS. Bei „offline“-Taxis ist auf Grund des fehlenden Wettbewerbes und des Schutzes durch das Kartell eine ähnliche Entwicklung nur langsam sichtbar. Es muss sie auch nicht zwingend geben, da die Taxiunternehmen im bestehenden Kartell keinen Anreiz haben, ihr Angebot bzw. ihre „Qualität“ zu verbessern.
Das schwächste Argument sind die Arbeitsplätze der „regulären“ Taxifahrer. Würde man, so die Meinung des Taxikartells, Wettbewerb zulassen, würden viele Taxifahrer arbeitslos werden. Richtig ist: Innovation kostet in bestimmten Bereichen Arbeitsplätze. In anderen Bereichen werden hingegen wieder neue Jobs geschaffen. So wie die Kutschenindustrie durch technischen Wandel zum Erliegen kam und die Autoindustrie neue und zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen hat. Steigende Produktivität vernichtet durch neue Technologien im betreffenden Sektor Arbeitsplätze. Gesamtwirtschaftlich wächst aber die Anzahl der Arbeitsplätze. Steigende Produktivität erzeugt mehr Konsum, da auch das Gesamteinkommen in der Volkswirtschaft steigt, wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman ausführt.
“Das Alte auf eine neue Weise tun – das ist Innovation.”
(Joseph A. Schumpeter)
Letztendlich überlebt das deutsche Taxikartell nur durch den staatlichen Protektionismus. Potentielle Wettbewerber werden auf Abstand gehalten. Irgendwo gibt es immer einen verstaubten Paragraphen, mit dem man bestehende Kartelle schützen kann. Bund und Länder stabilisieren ein Kartell, welches im freien Markt keine Überlebenschance hätte. Ein freier Markt existiert aber nicht. Wie auch, wenn Preise staatlich festgelegt werden! Der Wettbewerb würde dafür sorgen, dass Unternehmen im Vergleich zu anderen produktiver und innovativer werden und sich im Kampf um Kunden an diese besser anpassen müssen.
Statt Probleme zu konstruieren und Kartelle zu stabilisieren, müsste die Politik durch sinnvolle Rahmenbedingungen Innovationen ermöglichen. Am Ende muss zwingend der Bürger selbst entscheiden, welchem Angebot er das Vertrauen schenkt. Kartelle sollten keinen Einfluss auf die Wirtschaftspolitik haben, sie sollten erst gar nicht entstehen. Der deutsche Staat kann die Zukunft der Unternehmen nicht aufs Spiel setzen, nur weil spezielle Interessengruppen gestützt und Kartelle beibehalten werden sollen. Steuervergünstigungen für Hoteliers sind keine gute Wirtschaftspolitik, sie zeugen nur von einem zu großen Einfluss von Lobbyisten. Eine gute Wirtschaftspolitik muss den Bürgern die Verantwortung bei den Entscheidungen darüber überlassen, welche Innovation als „echte Innovation“ in die Lebensabläufe integriert und welche ablehnt wird.
“Innovation distinguishes between a leader and a follower.”
(Steve Jobs)
Welches gesamtwirtschaftliche Fazit können wir durch den Markteintritt eines einzelnen Unternehmens wie Uber ziehen? Jede Gesellschaft muss sich auf ihre eigenen gesellschaftlichen Ziele verständigen. Die Rahmensetzungen durch die Politik sollen dabei gewährleisten, dass diese Ziele erreicht werden können. Die Zukunft der deutschen Industrie, des Dienstleistungssektors und der Verwaltung wird im Internet entschieden und unser Wohlstand wird im Internet verteidigt. Nur wenn Deutschland – auch und gerade in einer internetgestützten ‚Industrie 4.0‘ – innovativ bleibt, wird es uns weiterhin so gut gehen.
‚German Angst‘ ist dagegen kontraproduktiv. Es muss darüber nachgedacht werden, warum zwei große Unternehmen in ein Konzept wie Uber so viel Geld investieren. Goldman Sachs und Google haben bis jetzt rund 1,2 Milliarden Dollar für das immer noch kleine Unternehmen eingesetzt. Die Chancen der vernetzten Welt sind mannigfaltig und stehen gut, in allen Bereichen des menschlichen Zusammenlebens Vorteile zu schaffen. Diese Vorteile gehen zu Lasten bestehender Kartelle. Ein überhastetes Verbot aus Unkenntnis der Materie verhindert die Nutzung der Chancen.
Wenn Deutschland weiterhin in der Welt eine Wirtschaftsmacht sein will, dürfen Innovationen nicht verboten werden. Die Gefahr besteht sonst, von den innovationsfreudigen Unternehmen aus anderen Ländern dieser Welt abhängig zu werden. Nur wenn die deutsche Wirtschaft selbst innovativ bleibt, kann sie auch Standards und Normen mitgestalten und weiterhin global wettbewerbsfähig sein. Das Land der Dichter und Denker darf nicht zum Land der Bremser und Fortschrittsverweigerer werden. Übrigens: Das letzte große IT-Unternehmen aus Deutschland heißt SAP. Es wurde vor 35 Jahren gegründet. Alarmierend.
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