Nach den Landtagswahlen im März ist die Ratlosigkeit bei den etablierten Parteien groß. Mit einem derartigen Erfolg der Rechtspopulisten von der AfD hatte niemand gerechnet. Großen Anteil daran hat die Neuausrichtung der Partei unter der Bundessprecherin Frauke Petry. Die AfD erscheint vielen Bürger inzwischen alternativlos. Das sollte sich ändern.
Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt hat die AfD unerwartet viele Wähler für sich gewinnen können. In Sachsen-Anhalt ist sie zukünftig die zweitstärkste politische Kraft. Die AfD scheint sich in der deutschen Parteienlandschaft etabliert zu haben.
Ein Grundstein für diese Wahlerfolge wurde am 4. Juli 2015 auf dem Essener Parteitag mit der Wahl von Frauke Petry zur Bundessprecherin gelegt. Der anschließende Austritt des vorherigen Sprechers Bernd Lucke und eines großen Teils des wirtschaftsliberalen Flügels führte zu einer neuen inhaltlichen Schwerpunktsetzung der Partei, in der nun vermehrt nationalliberales und nationalkonservatives Gedankengut die politische Agenda bestimmen. Die Wahlergebnisse zeigen, dass diese Umorientierung erfolgreich war. Die Partei profitiert derzeit in erheblichem Maße von der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin. Die konsequente Ablehnung dieser Politik verschafft der AfD ein Alleinstellungsmerkmal in der politischen Debatte, das sie nur in Bayern mit der CSU teilen muss.
Zwar gab die Hälfte der AfD-Wähler in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt an, den etablierten Parteien einen Denkzettel verpassen zu wollen, dennoch wäre es ein Fehler, die Partei als eine politische Eintagsfliege zu betrachten. Insbesondere die Angst in der Bevölkerung vor Terror und Überfremdung wird der AfD auch in Zukunft Wähler garantieren, zumal wenn sie dabei eine islamkritische Position einnimmt. Dabei könnte allenfalls die CSU mit der von ihr vertretenen restriktiven Asyl- und Migrationspolitik der AfD die Wähler streitig machen. In Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz hätten 57% bzw 72% der AfD-Wähler es begrüßt, wenn die CSU zur Wahl gestanden hätte.
Die größten Schnittmengen haben AfD und CSU in ihrer deutlichen Ablehnung von Zuwanderung und in ihren konservativen Werten. Ein Blick auf das Grundsatzprogramm der AfD zeigt aber zugleich auch die bedeutenden Unterschiede zwischen den beiden Parteien. Die CSU befürwortet den Sozialstaat, während die AfD diesen weiter liberalisieren möchte. So fordert sie die Abschaffung der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und der Unfallversicherung. Dieser Programmpunkt ist insofern pikant, weil die AfD bei den zurückliegenden Landtagswahlen die größte Zustimmung unter Arbeitslosen und Arbeitern fand. Eine Liberalisierung, genauer gesagt: eine Beschneidung der Sozialsysteme, wäre sicherlich nicht im Interesse dieser Personengruppen, doch die konsequente Ablehnung der Zuwanderung überstrahlt momentan alle weiteren Programmpunkte der AfD.
Nach Untersuchungen von Meinungsforschungsinstituten wie infratest dimap verorten die Wahlberechtigten nur noch die AfD und CSU rechts der Mitte im politischen Spektrum. Die CDU rückt aus Sicht der Wähler immer weiter nach links. Spätestens seit Gerhards Schröders erfolgreichem Wahlkampf um die vermeintliche „Neue Mitte“ bemüht sich die CDU mit fast schon sozialdemokratischen Wahlprogrammen, Wähler aus dem Lager der Liberalen und der konservativen Sozialdemokraten an sich zu binden. Bleiben ihr dabei die konservativen Wähler gewogen, kann sie sich komfortable Mehrheiten sichern. Übertreibt sie jedoch ihren Kurs in Richtung linker Mitte, verliert sie mehr und mehr ihre konservativen Stammwähler.
Mit der AfD etabliert sich zurzeit eine Partei rechts von CDU und CSU, die für viele Konservative eine echte Alternative darstellt, eine Alternative, die Franz Josef Strauß stets versucht hat zu verhindern. Weil aber der Spielraum der CSU regional beschränkt und die CDU im Rest der Republik mittlerweile womöglich zu weit in die Mitte gerückt ist, kann die AfD von diesen Verschiebungen profitieren.
Was ist die Konsequenz aus dieser Lage für die deutschen C-Parteien, die Strauß‘ Diktum, dass es keine demokratisch legitimierte Partei rechts der CSU geben dürfe, so fundamental widerspricht? Sie müssten darüber nachdenken, ob nicht eine bundesweite CSU eine echte Alternative zur AfD darstellen könnte. Zwar ist die CSU nicht übermäßig wirtschaftsliberal, doch gerade das kann sie – zusammen mit der Ablehnung von Zuwanderung – für die momentanen, häufig sozial schwächeren Wähler der AfD attraktiv machen.
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