Donald Trump wird am 20. Januar 2017 als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Die Wahl eines rassistischen und sexistischen Unternehmers ist nur die Spitze einer demokratischen Bewegung, die kein offenes Weltbild hat, sondern nationalistische Werte vertritt. Der Westen muss verstehen, dass Demokratie nicht zwingend liberale Demokratie bedeutet.
Die USA gelten als Wiege der liberalen Demokratie. Nun hat das Volk mit Donald Trump einen rassistischen und sexistischen Unternehmer zum Präsidenten gewählt. Die USA haben sich dabei an die Spitze einer demokratischen Bewegung gesetzt, die den bisherigen westlichen Erwartungen an eine Demokratie widerspricht. Auch in Polen oder Ungarn sind Kräfte demokratisch gewählt worden, die kein offenes Weltbild vertreten. Uns muss bewusst werden, dass die liberale Demokratie Grenzen hat. Der Liberalismus ist nicht das einzige mögliche Ergebnis der Demokratie. Es war schlichtweg das einzig Wahrgenommene. Es wird Zeit, unsere Erwartungen an die Demokratie zu überdenken.
Wir verbinden das Wort Demokratie mit einem Allheilmittel. Demokratie setze die Interessen des Bürgers um. Demokratie sei das einzige Politiksystem, in dem alle Menschen in Freiheit leben. Die Forschung untermauert diese Argumentation mit der These des „demokratischen Friedens“: Wegen ihrer ähnlichen innenpolitischen Kultur führten Demokratien untereinander keine Kriege. Der Westen glaubt so stark daran, dass er voller Überzeugung Kriege zur Demokratisierung anderer Länder führt.
Demokratie ist jedoch kein Allheilmittel. Wir sollten Demokratie als das sehen, was sie ist: ein politisches System. Eine Möglichkeit, Macht durch freie und geheime Wahlen zu verteilen und gewaltfrei weiterzugeben. Demokratie führt nicht zwangsläufig zu Liberalismus. Schon Aristoteles definierte die Demokratie als schlechte Verfassung.
Die heutigen Entwicklungen zeigen, dass liberale Demokratie nur in wirtschaftlichem Wohlstand funktioniert. Forderungen nach Weltoffenheit haben nur Überzeugungskraft, wenn es die äußeren Zustände zulassen. Eine Gesellschaft, die über wirtschaftliche oder nationale Krisen nachdenken muss, möchte zuerst sich selbst wieder aufbauen, bevor sie an Weltoffenheit denkt. Nach der Wirtschaftskrise 2008 geht es vielen Menschen in westlichen Industriestaaten schlecht. Sie haben ihre Arbeit oder ihr Vermögen verloren. Diese Menschen haben in der Demokratie das Recht, ihre Unzufriedenheit als Wahlmotivation zu nehmen. Liberale, weltoffene Werte spielen bei ihrer Wahlentscheidung eine untergeordnete Rolle.
Die Politiker der liberalen Demokratie haben das Vertrauen der Menschen verloren. In der Politik können sich vor allem Absolventen von Eliteuniversitäten oder Mitglieder aus wohlhabenden Kreisen durchsetzen und prägen somit das politische System. Diese Elite vertritt wegen ihrer internationalen Ausbildung zudem häufig ein offenes Weltbild. Sie sprechen Gruppen wie die L.G.B.T. an oder diskutieren die Gender-Frage. Viele Menschen haben jedoch Schwierigkeiten, sich mit dieser Political Correctness und der unerreichbaren Elite zu identifizieren. Die liberale Demokratie wird zu einem Projekt von „denen da oben“ und verliert Vertrauen. Es war Trumps Vorteil, dass er nicht aus der Elite des politischen Systems stammt.
Verstärkt wurde Trumps Wirkung dadurch, dass das Internet für eine starke Emotionalisierung des Wahlkampfes sorgte. Facebook, Twitter und andere Kommunikationsmedien führen zu einer nie dagewesene Informationsschwemme. Der Internetnutzer kann seine Aufmerksamkeit aber nur wenigen Inhalten schenken. Aufmerksamkeit erreichen häufig einfache Bilder mit einprägsamen Sprüchen. Diese Entwicklung stellt Emotionen vor Vernunft. Die treibende Kraft des Wahlkampfes wird die Emotion. Das hat sich Trump zu Nutzen gemacht. Die Vordenker des Liberalismus, wie beispielsweise Immanuel Kant, gründeten ihre Überlegungen jedoch rein auf der Vernunftfähigkeit des Menschen.
So entsteht durch wirtschaftliche Schwäche und fehlendes Vertrauen Unzufriedenheit, die durch soziale Medien kanalisiert wird. Dies führt dazu, dass radikale oder polarisierende Meinungen Mehrheitsmeinungen werden. Heute zeigt sich, dass Demokratie zwei verschiedene Richtungen einschlagen kann: liberal und nationalistisch. Das liberale Modell der Demokratie hat an Attraktivität eingebüßt. Es stehen nächstes Jahr in Frankreich und Deutschland zwei weitere wichtige Wahlen an. Es wird sich zeigen, wie die Geschichtsbücher die Demokratie in Erinnerung behalten werden.
Kommentar verfassen