Es ist nicht nur der Berliner Flughafen oder die Hamburger Elbphilharmonie, sondern auch die Brücke um die Ecke – öffentliche Bauprojekte werden oft viel teurer als geplant. Manche Entwicklungen kann man nicht vorhersehen, doch es gibt systematische Probleme schon bevor angefangen wird zu bauen: Tricks der Bauunternehmer, ungenaue Pläne und schlechte Kooperation sind Ursachen, die sich ändern müssen.
Die Preise in den Angeboten für öffentliche Baumaßnahmen sind oft zu niedrig, weil Bauunternehmer Möglichkeiten zum Tricksen finden. Sie fühlen sich gezwungen, argumentieren sie, denn das wirtschaftlichste Angebot gewinnt. Das Vergabe-Gesetz schreibt zwar vor, dass der Preis nicht „unangemessen niedrig“ sein darf. Doch die Stellschrauben, an denen der Preis in den Angeboten gedrückt wird, sind schwierig zu durchschauen. Erstens vernachlässigen viele Angebote den inflationsbedingten Anstieg von Preisen und Löhnen. So kann der Maurer und der Zement ein paar Jahre später gravierend mehr kosten. Zweitens lagern Bauunternehmer die Risiken in den preisgünstigen Angeboten oft an die Subunternehmen aus. Gehen diese unter dem Preisdruck pleite, müssen neue – meist teurere – Zulieferer gebucht werden. Drittens werden später oft Zusatzleistungen veranschlagt. Dazu gehört zum Beispiel das Anlegen von Wegen, während im ersten Angebot nur der eigentliche Bau enthalten war. Dies passierte etwa bei der bayrischen Landesgartenschau in Bamberg 2008, wo die Spazierwege auf dem Gelände nicht mit eingerechnet waren. Außerdem kann bei späteren Planungsänderungen großzügiger kalkuliert werden, weil nicht zu befürchten ist, dass die Konkurrenz den Auftrag übernimmt.
Doch es liegt nicht nur an den Tricks der Bauunternehmen. Oft seien die Pläne der städtischen Bauherren einfach zu ungenau, kritisiert Klaus Grewe, der 2012 in London dafür sorgte, dass die Olympiabauten vier Monate früher fertig wurden und eine Milliarde weniger kosteten. Um die Planung von öffentlichen Bauvorhaben zu verbessern, hat auch das Bundesverkehrsministerium im Juni 2016 ein Handbuch für den öffentlichen Bau herausgegeben. Das Ministerium will erreichen, dass Baufirmen und Bauherren sicherer mit Risiken umgehen und besser kontrolliert werden. Auch ihre Zuständigkeiten sollen sie klarer aufteilen und Konflikte durch andere Maßnahmen als vor Gericht lösen. Die Strategien weisen in die richtige Richtung. Doch muss zusätzlich die generelle „Kultur des Gegeneinanders“ zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern überwunden werden, sagt Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.
Hier könnte der Schlüssel liegen. Vorschriften, die „von oben“ kommen und nicht extrem genau kontrolliert werden (können), führen schnell zu Tricks und Schludrigkeiten der Ausführenden. An Vereinbarungen und Vorgehensweisen, die von Bauherr und Bauunternehmer gemeinsam ausgearbeitet werden, hingegen fühlen sich beide Seiten eher gebunden. Planen die Bauherren mit jedem Hauptbewerber am Anfang gemeinsam und genau, entsteht eine bessere Vorstellung davon, mit wem am besten gearbeitet werden kann und wie das Projekt genau aussehen kann. So wird Vertrauen aufgebaut und damit einem möglichen Durchwursteln vorgebeugt. Ungenauigkeiten und Heuchlerei fallen schneller auf. Natürlich kostet dieser Aufwand am Anfang extra Ressourcen. Wenn dadurch aber der ganze Bauprozess effektiver, schneller und günstiger wird, ist dies eine wichtige Investition.
Kooperation und detailgenaue Zusammenarbeit sind also fundamental. So besteht die Chance, dass am Ende wirklich das wirtschaftlichste Angebot und nicht das nur scheinbar günstigste gewinnt.
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