Die „Sharing Economy“ verspricht soziales und ressourcenschonendes Wirtschaften und trifft damit genau den Zeitgeist. Jedoch schafft das Prinzip des Teilens auch neue Herausforderungen, die uns aber nicht davon abhalten sollten, die Sharing Economy gedeihen zu lassen.
Die Idee der Sharing Economy, Produkte und Dienstleistungen gemeinsam zu nutzen und zu teilen, überzeugt. Die digitale Revolution versetzt uns immer schneller in eine nahezu vollständig vernetzte Welt hinein. Kommunikation ist ohne Umwege möglich, Information schneller verfügbar, wodurch Ressourcen effizienter eingesetzt werden können.
Längst ist der so genannte „Community-Marktplatz“ Airbnb populär. Sein Prinzip ist simpel: Die private Wohnung, die während persönlicher Abwesenheit nicht genutzt wird, kann durch die Internetplattform vermittelt und vermietet werden und steht nun anderen zur Verfügung. Vergleicht man die Preise eines Hotelzimmers mit denen von Zimmern, die über Airbnb vermittelt werden, muss bei letzterem meist deutlich weniger gezahlt werden. Die Erklärung ist einfach: Die Wohnung muss im privaten Leben ohnehin finanziert und bewirtschaftet werden. Die Vermietung bei Abwesenheit lastet die Wohnung daher besser aus. Dabei kommt es zu einer privaten Subventionierung der fixen Kosten. Dies erlaubt es, die Preise niedrig anzusetzen.
Genau an dieser Stelle wird die Problematik des Konzepts jedoch sichtbar, denn der vermeintliche Vorteil der Kostenteilung besteht nicht dauerhaft. Kehrt der Eigentümer in seine Wohnung zurück, kann der Wohnraum nicht mehr angeboten werden. Die Sharing Economy bietet also keinen wahren Kostenvorteil, die Kosten werden nur anders aufgeteilt. Es entsteht auch kein zusätzliches Raumangebot, weshalb Airbnb traditionelle Geschäftsmodelle der zeitweisen Wohnraumvermittlung wie Hotels oder Ferienwohnungen nicht vollkommen ersetzen kann. Dies ist aber nicht weiter schlimm, denn die ökonomische Effizienz erhöht es bereits, wenn brachliegende Ressourcen sinnvoller genutzt werden.
Der Fahrdienstvermittler Uber zeigt, dass bereits solch kleine Fortschritte durch die Sharing Economy einiges auf den Kopf stellen. Der in Deutschland verbotene Vermittlungsservice Uber Pop, bei dem Privatpersonen mit ihren eigenen Fahrzeugen Personen befördern, sorgt in anderen Ländern bei Taxifahrern für Unmut und Umsatzeinbußen. Das Landgericht Frankfurt erklärte den Dienst im März 2015 in Deutschland sogar für wettbewerbswidrig.
Tatsächlich stellen sich durch die Sharing Economy viele neue Fragen, die das Wettbewerbs-, Steuer- und Versicherungsrecht betreffen. Die Erfassung von Dienstleistungen, die über Sharing-Plattformen angeboten werden, ist kompliziert, wodurch sich beispielsweise Sozialversicherungsabgaben leicht umgehen lassen. Da der Verdacht besteht, dass die Kostenvorteile von Uber und anderen Anbietern auch durch die Umgehung von Abgabepflichten erzielt werden könnten, besteht hier dringender Klärungsbedarf. Dafür muss die Politik aktiv zwischen den Konfliktparteien vermitteln und vor allem einen geeigneten Rechts- und Regelrahmen gestalten. Die Innovation wie im Fall Uber Pop im Keime zu ersticken und damit von vornherein mögliche Vorteile zu verwerfen, ist nicht der richtige Weg.
Die bisher beschriebenen Probleme sind greifbar und können gelöst werden, wenn die Weiterentwicklung der Sharing Economy das Ziel ist. Die größte Herausforderung ist dabei weniger eine politische oder ökonomische, sondern eine gesellschaftliche. Die Sharing Economy weitet den Wettbewerb auf bisher unberührte Bereiche des Lebens aus und verändert damit unsere sozialen Beziehungen. Jeder einzelne Bürger wird zum Akteur auf den Märkten dieses Wirtschaftsmodells. Viele Leistungen und Ressourcen, die bisher nicht als wirtschaftliches Gut wahrgenommen wurden, erhalten nun einen Preis. Auch der vom Nachbarn geliehene Hammer erhält einen monetären Gegenwert, was möglicherweise die Umgangsart der Menschen untereinander ändert. Das zurzeit noch etwas romantisch verklärte Bild des Teilens droht durch eine weitgehende Ökonomisierung zerstört zu werden. Die Gesellschaft wird diesen Trade-off eingehen müssen, wenn sie das Potential der Sharing Economy nutzen möchte. Es sollte schließlich nichts verschwendet werden.
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