Alles regional = alles gut?

Umwelt- und Klimaschutz sind bei vielen Menschen im Bewusstsein verankert und natürlich soll auch durch den Lebensmitteleinkauf die Umwelt möglichst wenig belastet werden. Oft heißt es dann: Wenn regional eingekauft wird, wird auch die Umweltverschmutzung minimiert. Aber ist es wirklich so einfach?

Es erscheint zunächst einmal intuitiv, dass regional produzierte Lebensmittel weniger umweltbelastend sind als Lebensmittel, die um den halben Planten verschifft werden müssen, um zum Verbraucher zu gelangen. Bei genauer Betrachtung der Schadstoffemissionen und des Energieverbrauchs greift diese Faustregel allerdings nicht immer. Ein Beispiel hierfür sind Äpfel. Diese werden in Deutschland das ganze Jahr über konsumiert und die wenigsten wollen außerhalb der Saison im Supermarkt schrumpelige Lageräpfel kaufen. Damit die Äpfel das ganze Jahr über frisch erhältlich sind, müssen in Deutschland angebaute Äpfel mit sehr hohem Energieaufwand in Kühlhallen bis in den nächsten Sommer gelagert werden. Im deutschen Frühjahr und Sommer ist jedoch in Neuseeland Erntezeit für Äpfel, die sich mit geringerem Energieaufwand hierher transportieren lassen. Unter dem Strich weisen neuseeländische Äpfel außerhalb der Saison eine geringere Umweltbelastung als deutsche Äpfel auf. Die dauerhafte Kühlung wirkt sich schlicht zu negativ auf die CO2-Bilanz aus.

Nun gibt es natürlich die Möglichkeit, einfach nur noch saisonale Lebensmittel zu konsumieren. Doch auch hier ist die Lage nicht ganz so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Dies verdeutlichen die Berechnungen des Unternehmens Trucost. Bei der Produktion von Lebensmitteln entstehen neben den Kosten der Unternehmen wie beispielsweise für Saatgut, Arbeitskräfte und anderes auch externe Kosten für die Umwelt. Diese schlagen sich beispielsweise in der Rodung von Waldflächen nieder, in einem hohen Wasserverbrauch oder in hohen Schadstoff-Emissionen. Diese Kosten werden aber weder von den Unternehmern noch von den Verbrauchern bezahlt. Trucost versucht diese Kosten zu berechnen. Beispielsweise kann es in Gegenden, in denen übermäßig Wald gerodet wurde, zu verheerenden Dürren kommen. Um solchen kostenintensiven Folgen entgegenzuwirken, muss reales Geld ausgegeben werden. Ein weiteres Beispiel ist, dass es durch sauren Regen zu Schäden an Gebäuden kommen kann, die repariert werden müssen. Zudem häufen sich in manchen Ländern Ernteausfälle aufgrund der hohen Umweltverschmutzung.

Auch in Deutschland entstehen Kosten aufgrund der Umweltschäden durch die Produktion von Lebensmitteln. Hierzulande wird beim Getreideanbau viel Dünger verwendet, wodurch übermäßig viel Nitrat ins Grundwasser gelangt. Insgesamt sind die Auswirkungen auf die Umwelt der deutschen Weizenproduktion nur acht Prozent niedriger als in China, obwohl China fünfmal mehr Weizen produziert. Hierdurch kostet eine Tonne Weizen in Deutschland mit den einberechneten Schäden für die Umwelt 2.700 Dollar. In Frankreich sind es 1.409 Dollar pro Tonne, in Russland nur 414 Dollar pro Tonne.

Wenn man die externen Kosten auf die Umwelt in den Preis der Lebensmittel mit einberechnete, würden diese notwendigerweise deutlich teurer werden. Doch soweit muss es gar nicht kommen und eine Verteuerung der Lebensmittel sollte aus sozialen Gründen auch nicht angestrebt werden. Vielmehr geht es darum, über die ökologischen Folgekosten den „tatsächlichen Preis“ von Produkten aus einer bestimmten Region zu ermitteln, um zu sehen, ob eine Produktion der Lebensmittel unter Berücksichtigung beispielsweise des CO2-Ausstoßes beim Transport an den jeweiligen Ort des Konsums ökologisch sinnvoll und ökonomisch effizient ist. Selbst wenn es in der Praxis nicht immer möglich ist, alle externen Kosten zu bestimmen, ist selbst ein ungefährer „tatsächlicher Preis“ ein wertvoller Indikator, um zu erkennen, wo man besser nicht produzieren sollte, wenn man die Umweltbelastung in der Produktions- und Logistikkette minimieren will – selbst wenn dies am Ende die regionale Landwirtschaft trifft.


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