Gequälte Tiere, Treibhausgase, überdüngte Böden – die Liste der Probleme, die auf das Konto der Nutztierhaltung gehen, ließe sich beliebig fortsetzen. Anstatt Betriebe, die Tiere auf engstem Raum halten, weiterhin mit Millionen zu unterstützen, muss die Politik endlich den wahren Preis von billigen Tierprodukten erkennen und entsprechend handeln.
60 kg Fleisch, 50 Liter Milch, 236 Eier – so viel konsumierte der Durchschnittsdeutsche im vergangenen Jahr – und achtete beim Kauf vor allem auf einen niedrigen Preis. Um den großen Hunger auf billige Tierprodukte stillen zu können, greift die Tierhaltungsindustrie zu Produktionsmethoden, die aus Sicht der Hersteller zwar effizient sind, an anderer Stelle aber hohe Kosten verursachen.
Die Leidtragenden der gegenwärtigen Haltungspraxis sind vor allem Schweine, Hühner und andere Nutztiere, die auf engstem Raum zusammengepfercht werden. Aktuell werden in den deutschen Großbetrieben rund 763 Millionen Tiere unter katastrophalen Bedingungen gehalten. Berichte über das, was den Tieren in den Produktionsstätten angetan wird, sind unerträglich. Schweinen wird der Ringelschwanz abgeschnitten, Gänsen der Schnabel gekürzt, Rindern die Hörner abgetrennt – selbstverständlich ohne Betäubung, denn das würde ja Kosten verursachen, die sich vermeiden lassen. Zudem sind die Tiere stark in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und ihre Grundbedürfnisse werden ignoriert. Zusätzliches Leid verursacht das intensive Mästen. Dieser Praxis muss ein Ende bereitet werden, denn Tiere sind denkende und fühlende Lebewesen und keine Produkte.
Doch unter der Nutztierhaltung leiden nicht nur die Tiere selbst, sondern auch die Umwelt. So lassen sich beispielsweise rund 37 Prozent des weltweit ausgestoßenen Treibhausgases Methan, das etwa 25-mal klimaschädlicher als CO2 ist, auf die Viehhaltung zurückführen. Aber auch die Überdüngung der Böden und die Anreicherung der Gewässer mit Nitrat und Phosphor werden primär durch die Nutztierhaltung verursacht. Für die Behebung dieser Schäden kommen nicht die Tierhaltungsbetriebe auf, sondern die Steuerzahler.
Darauf zu hoffen, dass die Konsumenten Veganer oder Vegetarier werden oder zumindest ihren Konsum an Tierprodukten drastisch senken, wäre naiv. Ebenso unrealistisch wäre es zu erwarten, dass die Großbetriebe freiwillig auf eine artgerechte Haltung umstellen oder für die Behebung der Umweltschäden, die sie verursachen, aufkommen. Nur ein staatlicher Markteingriff kann der bisherigen Nutztierhaltungspraxis ein Ende bereiten. Konkret sollten drei Maßnahmen ergriffen werden. Erstens sollten das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verschärft und konsequent durchgesetzt werden. Der Gesetzgeber sollte sich dabei an den natürlichen Lebens- und Verhaltensweisen der Tiere und nicht an den Wünschen der Tierhaltungsindustrie orientieren. Dadurch würde zwar das Quälen von Millionen von Tieren ein Ende finden, die Allgemeinheit müsste allerdings weiterhin für die Umweltschäden aufkommen, die sich auf die Nutztierhaltung zurückführen lassen. Dieses Problem ließe sich durch eine zweite Maßnahme lösen: die Einführung einer Steuer auf tierische Erzeugnisse. Dadurch würden die wahren Kosten der Herstellung von Tierprodukten eingepreist. Die erzielten Steuereinnahmen könnten eingesetzt werden, um die Umweltschäden, die auf das Konto der Nutztierhaltung gehen, zu beheben bzw. zu kompensieren. Zusätzlich würde die Erhebung einer Steuer auf tierische Erzeugnisse zu einer Preissteigerung und damit zu einem Nachfragerückgang führen. Infolgedessen würden die Tierhaltungsbetriebe die Produktion zurückfahren, die Zahl der Nutztiere würde also sinken und mit ihr die Umweltschäden. Drittens sollte die Zahlung von Agrarsubventionen an Nutztierhaltungs-betriebe eingestellt werden, die den Preis tierischer Erzeugnisse bislang verzerrt.
Durch die beschriebenen Maßnahmen würden sich die wahren Kosten der Erzeugung von Tierprodukten endlich auch in deren Preis niederschlagen – und das Billigschnitzel aus dem Kühlregal verschwinden.
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