Wie ein Kaugummi am Schuh klebt das leidige Thema Frauenquote (oder einfach nur die Quotenfrau?) an unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Der Unwille, alte Gewohnheiten und Strukturen zu modernisieren, führt immer wieder zu Kontroversen. Weibliche Fach- und Führungskräfte in allen männerdominierten Bereichen unserer Gesellschaft sind längst überfällig. Solange sich weder Deutschlands prähistorische Konzerne noch die hiesige Gründerszene mit Vielfalt in der Chefetage beschäftigen möchten, ist staatliches Handeln unausweichlich.
Money makes the world go around
Nach den Studienergebnissen führender Unternehmensberatungen wie Boston Consulting Group oder McKinsey sind Frauen als Führungskräfte nicht nur gut für das Image, sondern unter den Gesichtspunkten der höheren Kapitalrendite und der Unternehmenskultur auch eine finanzielle und innovative Bereicherung. So erwirtschaftet eine Start-Up-Frau mehr als das Doppelte pro investiertem Dollar im Vergleich zu ihrem männlichen Mitstreiter, der es auf magere 31 Cent pro Dollarbringt.
Sofa oder Sessel?
Und für alle, die sich nicht mit der Hochfinanz beschäftigen möchten, reicht ein Blick in den Sportschau Club, ein männlich-geprägtes Talk-Format, welches seit September 2012 in der ARD ausgestrahlt wird. Seit ein paar Wochen begrüßt nun auch dort eine Frau als Hauptmoderatorin Gäste und diskutiert über Torbilanzen und Spieltaktiken. Sie sitzt dabei, anders als europäische Würdenträger, im einem Sessel und lässt die Einschaltquoten entscheiden, ob das männliche Pendant auf das Sofa muss.
Christian oder Christina?
Handelt es sich hierbei um symbolische Gesten? Ist es ein Aktionismus, welcher nach dem Wahlkampfjahr 2021 mit Gendersternchen und #Sofagate wieder zur Seite gelegt wird? Aktuell sieht es in der deutschen Gründerszene und den börsennotierten Unternehmen danach aus. Verschwindend geringe Frauenanteile in den oberen Führungsetagen und alibimäßige „Diversity & Inclusion“-Boards können nicht verdecken, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland in Sachen Agilität und Innovation hinterherhinkt. Eine Lücke, die geschlossen werden kann, wenn das gesamte Potential von Diversity genutzt würde.
Nach mir dann bitte eine Frau.
Selbst die Bundesregierung, mit einer Frau an der Spitze, leidet zuweilen an bewusst-unbewusster Voreingenommenheit. So wurde jüngst ein Gesetz verabschiedet, das alle großen, börsennotierten Unternehmen dazu verpflichten sollte, mindestens eine Frau im Vorstand zu haben. Nach endlosen Diskussionen betrifft dieses Gesetz jetzt nur noch einen Bruchteil der ursprünglich vorgesehenen Unternehmen. Ist das nun besser als nichts? Schon bald nach der Ankündigung, dass dieses Gesetz kommen könnte, fingen z.B. Adidas, Bayer und Südzucker an, Frauen in ihre Vorstände zu berufen. Man(n) setzt auf die Organisationstalente von Frauen, die verschiedene Rollen einnehmen können. Denn Frau kann nicht nur Küche, sondern auch Kanzlerin und Kämpferin. Ein Blick auf die glänzenden Aktienkurse der erwähnten Unternehmen unterstützt diese Einstellung.
Girls just wanna have…Gleichberechtigung?
Und doch bleiben dies – seit Anbeginn dieser Debatte – leider nur Einzelfälle. Was wird passieren, wenn es in diesem Tempo weitergeht? Zu einer deutschlandweiten Abwanderung weiblicher Fachkräfte wird es vermutlich nicht kommen. Aber die Aussicht auf einen ewigen Kampf für mehr Diversity – und das beinhaltet nicht nur gleichberechtigte Chancen für Frauen – klingt wenig verlockend. In diesem Fall blieben wohl nur die Selbsthilfe und weitere Versuche, mit unschönen Gesetzesentwürfen ungeliebte Entscheidungen zu erkämpfen. Ein Lichtblick ist das vor kurzem gegründete Investorinnen-Netzwerk mit dem Ziel, Frauen in der Wirtschaft zu unterstützen und Männer zu finden, welche sich davon nicht belästigt fühlen. Ein prominenter Vertreter dieser Logik, ist u.a. der Besitzer der berühmtesten Bar Deutschlands, Charles Schumann: er wäre über eine Nachfolgerin sehr erfreut.
Kommentar verfassen