Wie kaum eine andere Volkswirtschaft ist Deutschland von einem starken Außenhandel abhängig. Trotz aktueller Probleme und absehbarer Herausforderungen bietet eine Verringerung der internationalen Handelsbeziehungen vorerst keine tragbare Alternative. Auch wenn eine aktive Anpassung des Außenhandles an veränderte globale Strukturen unseren Wohlstand mittelfristig sichern sollte, müssen für ein dauerhaft nachhaltiges Wirtschaften auch andere Perspektiven in den Blick genommen werden.
Der Außenhandel ist zentral für den Wohlstand Deutschlands. Dieser gesamtgesellschaftliche Konsens ist in Anbetracht der wirtschaftlichen Kennzahlen nicht verwunderlich. Mit einem Anteil an der Wirtschaftsleistung von 89 Prozent spielen Importe und Exporte für Deutschland eine deutlich größere Rolle als für vergleichbare Industrienationen. Auch hängen mehr als 12 Millionen Arbeitsplätze und somit rund 28 Prozent der Beschäftigung vom Export ab.
Doch die intensiven wirtschaftlichen Verflechtungen und die daraus resultierenden Abhängigkeiten haben in den Krisen der jüngsten Vergangenheit zu großen Herausforderungen geführt. Während der Covidkrise kam es zu Exporteinbrüchen, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine führte zu einem starken Anstieg der Energiepreise und politische Spannungen mit China könnten in Zukunft auch die Handelsbeziehungen belasten.
Doch für viele Schwachstellen der heutigen Wirtschaftsbeziehung gibt es vielversprechende Lösungsansätze. Ob bei Lieferketten oder Absatzmärkten, eine stärkere Diversifizierung sowohl bei den Lieferanten von Vorprodukten als auch bei den internationalen Abnehmern hiesiger Erzeugnisse würde die deutsche Wirtschaft krisensicherer gestalten. Zielgerichtete Entwicklungszusammenarbeit und staatliche Unterstützung im Außenhandel wären hier als mögliche Mittel zu nennen. Bei der Energieversorgung scheint nicht nur in Anbetracht der Klimakrise ein massiver Ausbau erneuerbarer Energien hierzulande entscheidend, um Versorgungssicherheit auch zukünftig zu garantieren. Flankiert durch einen Abbau bürokratischer Hürden und Effizienzgewinne durch Digitalisierung wäre eine Aufrechterhaltung des Erfolgsmodells „Deutsche Exportwirtschaft“ zumindest mittelfristig sehr wahrscheinlich.
Doch bei einem Problem ist eine Lösung durch eine moderate Anpassung der bestehenden Wirtschaftsverhältnisse deutlich weniger wahrscheinlich. Im Emissions Gap Report 2022 der UNEP wurde bereits keine realistische Möglichkeit mehr gefunden, durch die Reduzierung von Treibhausgasemissionen die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Der durchschnittliche Deutsche verursacht mit rund 11 Tonnen CO2 nach wie vor deutlich mehr als die – theoretisch – global nachhaltigen 2 Tonnen pro Person. Ob es in Zukunft möglich sein wird, zumal bei einer nach wie vor wachsenden Weltbevölkerung, globale Warenströme und das diesen zugrundeliegende Konsumverhalten auf jetzigem Niveau klimaneutral zu realisieren, bleibt mehr als fraglich. Zwar gilt es hier, die Zuwächse an Wohlstand mit den negativen Externalitäten durch Treibhausgasemissionen abzuwägen, doch will man den heutigen Prognosen Glauben schenken, werden wohl letztere überwiegen. In diesem Fall dürfen auch Überlegungen wie Re- oder Nearshoring und somit eine lokalere Wirtschaftsweise in der Debatte über eine globale, langfristig nachhaltige Weltwirtschaftsordnung nicht außen vorgelassen werden.
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