Food Waste, das verschwenderische Wegwerfen von Lebensmitteln, ist ein globales Phänomen. Die Industrienationen müssen sich dieser Problematik gewissenhaft annehmen, um Hunger und Klimawandel zu bekämpfen. Was sollten Politik und Wirtschaft in Deutschland tun, um die Verschwendung und Vernichtung von wertvollen Ressourcen nachhaltig zu verhindern?
Jeder Deutsche wirft im Jahr rund 82 Kilogramm Lebensmittel in den Müll. Noch weitaus schockierender sind die Zahlen in den USA, wo jährlich bis zu 40 Prozent der produzierten Lebensmittel weggeworfen werden. Dabei verschwenden wir nicht nur genießbare Nahrung, die anderen Ortes dringend gebraucht wird, sondern auch wertvolle Arbeitskraft und kostbares Trinkwasser, während zugleich unnötig viel Kohlendioxid produziert wird. Weltweit verursachen die jährlich 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittelverluste mehr als drei Gigatonnen neue Treibhausgase. Wäre diese Zahl einem einzelnen Land zuzuordnen, wäre es der drittgrößte Erzeuger von Treibhausgasen nach den USA und China.
Die Verschwendung von Lebensmitteln erstreckt sich über die gesamte Versorgungkette. Obst und Gemüse etwa schaffen es erst gar nicht in den Verkauf, wenn ihr Aussehen nicht einem gewissen Schönheitsstandard entspricht. Weitere Ineffizienzen entstehen bei Groß-, Zwischen- und Einzelhändlern durch Überproduktion, Fehlplanungen und Transportschwierigkeiten. Der Einzelhandel spendet inzwischen immerhin einen Großteil seiner unverkauften Lebensmittel etwa an die Tafeln, die das Essen bundesweit an über 1,5 Millionen bedürftige Personen weitergeben. Auch wenn diese Initiative auf der genannten Ineffizienz in der Versorgungskette beruht, ist sie eine richtungweisende Antwort auf die Lebensmittelverschwendung, auch wenn sie noch einigen Rechtsunsicherheiten unterliegt; zum Beispiel, wenn den Tafeln versehentlich verdorbene Lebensmittel übergeben werden. Hier herrscht ein Zielkonflikt zwischen Schutz- und Vorsorgemaßnahmen und der Bestrebung, möglichst wenig verzehrgeeignete Lebensmittel zu Abfall werden zu lassen. Kühlketten müssen eingehalten werden und eine Schadensersatzpflicht des Einzelhändlers kann nicht generell ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus schaffen es spannende Projekte wie die Schnippeldisco von Slow Food Youth Deutschland oder das Food Recovery Network in den USA, den Menschen die Bedeutung und Verantwortung jedes einzelnen Mitglieds der Gesellschaft für die Vermeidung von Verschwendung zu zeigen. Doch der Einzelne oder auch einzelne gemeinnützige Organisationen können diese große Herausforderung der Gegenwart nicht alleine stemmen, denn das Spenden von Lebensmitteln ist teuer. Sie müssen gelagert, verpackt und ausgeliefert werden. Deshalb bedarf es einer staatlichen Rahmensetzung, die gezielt Anreize setzt, mehr Lebensmittel an Bedürftige und entsprechende Einrichtungen zu spenden. Anstelle von Verboten wie in Frankreich könnten Steuererleichterung eine Überregulierung verhindern.
Der Großteil der Lebensmittelabfälle entsteht jedoch in den Privathaushalten. Die Antwort des Bundesministeriums für Bildung und Forschung darauf heißt “Smart Packaging“. Darunter versteht man, dass die Verpackung der Zukunft selbständig den aktuellen Qualitätszustand eines Lebensmittels misst und den Konsumenten darüber informiert. Ein Verfallsdatum ist dann nicht mehr nötig. Auf diese Weise hofft man, die Menge an ungenutzten Lebensmitteln bis 2030 in Deutschland zu halbieren. Doch die Gründe für Lebensmittelverschwendung in privaten Haushalten sind vielschichtiger als der Ablauf von Haltbarkeitsdaten. Vor allem die mangelnde Wertschätzung von Lebensmitteln, bedingt durch ständige Verfügbarkeit und das im EU-Vergleich äußerst niedrige Preisniveau, führt zu Verschwendung, genauso wie falsche Lagerung oder eine verfehlte Einkaufsplanung.
Es braucht öffentliche Debatten und klar formulierte Ziele, um die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren. Selbst kleinste Veränderungen im Haushalt jedes Singles und jeder Familie, wie Reste einzufrieren, Einkaufslisten schreiben oder das Ablaufdatum beachten, können eine Besserung bewirken. Auf politischer Ebene sollten Maßnahmen zur Unterstützung von Tafelkonzepten durch die Begrenzung der Haftungsrisiken bei der Weitergabe von Lebensmitteln an Dritte beschlossen sowie Anreizsysteme für Unternehmen geschaffen werden, die einen laxen Umgang mit Lebensmitteln finanziell unattraktiv machen.
Beitragsbild: U.S. Department of Agriculture, www.flickr.com, CC BY 2.0
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