Gestern ein Paar neue Sneakers von Skechers, heute ein neues Paar Ohrringe von Pandora und morgen vielleicht noch ein Paar neue Handschuhe von Hilfiger aus dem Winterschlussverkauf: Eine Einkaufsliste, deren Inhalt wohl auf eine wohlhabendere Person schließen lässt. Doch führt dieser Wohlstand zu mehr Glück und Zufriedenheit und sind weniger Wohlhabende weniger glücklich?
Im ökonomischen Sinn kann man den materiellen Wohlstand oder auch den Lebensstandard anhand des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf messen. Je höher dieser Wert ist, desto höher ist auch der Wohlstand. Ein stetig wachsendes BIP sollte also das Ziel eines jeden Wirtschaftsministers sein. Auch Ludwig Erhard, erster Wirtschaftsminister der Bundesrepublik, setzte sich dieses Ziel, um die in den 1950ern noch ärmere, breite Schicht der Bevölkerung aus materieller Not und Enge zu befreien. Seine Absicht war dabei, einen „Wohlstand für alle“ zu erreichen, wie es schon der Titel seines bekanntesten Buchs ahnen lässt.
Im sechzehnten Kapitel der achten Auflage dieses Werks greift Ludwig Erhard kurz die Problematik seines Titels auf: Er ist der Meinung, dass Wohlstand nicht ohne Weiteres Glück und Zufriedenheit beschere. Ein gewisser Wohlstand sei aber nötig, um Grundbedürfnisse zu decken und um sich von einer materialistischen Weltanschauung zu entfernen. Sind diese Grundbedürfnisse gedeckt, so lege man die materielle Lebensbetrachtung automatisch ab. Ob und inwiefern das heute noch zutrifft, sei an dieser Stelle dahingestellt.
Doch was ist es eigentlich, was uns glücklich macht? Folgt man Professor Raffelhüschen, Ökonom an den Universitäten Bergen und Freiburg, so besteht das Glück aus vier Faktoren: Gesundheit, Gemeinschaft, Geld und genetische Disposition, welche die Einstellung gegenüber dem Leben definieren. Dass diese vier Faktoren eindeutig glücklich machen, wird beispielsweise an dem wachsenden Unglücksempfinden aufgrund der (häufigen) Abwesenheit der vier Faktoren in der aktuellen Lockdown-Situation ersichtlich.
Wie man dieser Theorie entnehmen kann, macht auch Geld glücklich. Verknüpft man nun die vier „G‘s“ des Glücks mit Erhards Ansicht, kommt man zu dem Ergebnis, dass Wohlstand mehr Geld und somit mehr Glück bedeutet. Dabei gilt jedoch zu beachten, dass der Grenznutzen des Geldes zwar positiv, aber abnehmend ist: Das dazugewonnene Glück verringert sich mit jedem hinzugefügten Euro.
Geht man nun entgegen Erhards Meinung davon aus, dass die materialistische Lebenshaltung auch nach Erreichung der Grundbedürfnisse stets fortbesteht, so bedeutet das wohl, dass der Grenznutzen des Geldes positiv, aber zusätzlich steigend sein muss. Der wohlhabende Materialist empfindet dann aufgrund seiner besitz- und gewinnorientierten Lebenshaltung jeden zusätzlichen Cent stets immer noch etwas besser. Doch macht ihn das nun glücklicher? Nein, denn er kann die anderen drei „G‘s“ nicht gänzlich durch seinen Wohlstand und sein Geld ersetzen. Die Abhängigkeit seines Besitzes, Neid und Missgunst sowie mögliche (Verlust-)Ängste und seiner materialistischen Lebenseinstellung geschuldeten Beziehungsprobleme senken den Wert der Gesundheit, der Gemeinschaft und der genetischen Disposition. Grund dafür ist, dass der Glückswert durch Multiplizieren – und nicht, wie man fälschlicherweise annehmen könnte – durch Addieren der vier „G‘s“ entsteht. Fehlt ein Faktor also komplett, so ist der Glückswert bei null. Wahres Glück und Zufriedenheit wird also nur durch die Kombination aller vier Glücks-„G‘s“ ermöglicht. Wohlstand in Form von Geld ist zwar ein notwendiger Bestandteil des Glücks, aber eben nicht der einzig erforderliche.
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