Die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland gefährdet die Freiheitsrechte jüngerer Generationen. Durch die drastische Erhöhung des Rentnerquotienten könnte im Jahr 2050 für die Versorgung eines Rentners nur noch ein Erwerbstätiger zuständig sein. Dennoch verteilt die Politik kontinuierlich Wahlgeschenke an ältere Generationen – ist das gerecht?
Der demografische Wandel und die damit einhergehenden, stetig steigenden Ausgaben zur Finanzierung der Renten werden künftige Generationen immer stärker belasten. Knapp jeder dritte Deutsche unter 40 Jahren findet die Finanzierung der Renten über das Umlageverfahren ungerecht. Bei diesem Verfahren werden die Beitragszahlungen der Erwerbstätigen direkt an die anspruchsberechtigten Rentner ausgezahlt.
Während andere EU-Länder schon längst erkannt haben, dass eine stärkere Kapitalmarktbeteiligung zwingend notwendig ist, um jüngeren Generationen ihre Rente nicht gänzlich zu verwehren, hängt die Bundesregierung hier mit Vorsätzen und Versprechungen hinterher. Kommt es nicht zeitnah zu weitreichenden Reformen innerhalb der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) könnte der Beitragssatz bis zum Jahr 2060 von derzeit 18,6 auf rund 25 Prozent steigen. Darüber hinaus werden Beitragssatzerhöhungen auch in der Kranken- und der Pflegeversicherung erwartet.
„Die Rente ist sicher“ – aber ist sie das wirklich? Ja, nur können sich die jüngeren Generationen nicht darauf verlassen, dass die Rente im Alter ihren Lebensstandard sichert. Sie könnte auch zu einem Almosen verkümmern. Laut einer Umfrage von Fidelity International misstrauen junge Deutsche der Gesetzlichen Rentenversicherung schon heute. Mehr als jeder zweite Deutsche unter 40 Jahren vermutet, selbst niemals irgendeine gesetzliche Rente zu erhalten. Die Politik provoziert durch weitere geplante Leistungsausweitungen im Bereich der Rente einen fortschreitenden Vertrauensverlust gegenüber diesem Sozialsystem in den jüngeren Generationen.
Auch in einer alternden Gesellschaft ist die Politik dazu verpflichtet, die Interessen aller Altersgruppen hinreichend zu vertreten. Dennoch fühlen sich knapp 60 Prozent der 18-39-Jährigen in Bezug auf die Rente von keiner Partei angemessen vertreten. Damit droht ein massives Akzeptanzproblem in den jungen Generationen, die sich fragen werden, wieso sie für eine – im Vergleich zu derjenigen ihrer Eltern – geringere Rente deutlich mehr als diese einzahlen müssen.
Die im Koalitionsvertrag 2021 angekündigte ergänzende Kapitaldeckungskomponente als dauerhafter Fonds sieht vor, das Rentenniveau „generationengerecht“ zu stabilisieren. Die Deutsche Rentenversicherung soll im ersten Schritt einen Kapitalstock von 10 Milliarden Euro erhalten. Mögliche Überschüsse dieser Kapitalanlage sollen dann jährlich zur Teilfinanzierung der Rentenansprüche verwendet werden, um den Anstieg der Beitragsätze zu bremsen.
Eine wesentliche intergenerative Entlastung jüngerer Generationen kann jedoch nur erreicht werden, wenn der Kapitalstock die Ersteinlage um ein Vielfaches übersteigt. Bis dieser Kapitalstock über Jahr(zehnt)e aufgebaut sein wird, bleibt der Gesetzgeber gefordert, die umlagefinanzierte Alterssicherung zu reformieren. Als Folge der steigenden Lebenserwartung, und somit der verlängerten Rentenbezugszeit, darf die dynamische Heraufsetzung des gesetzlichen Renteneintrittsalters kein Tabu mehr sein. Eine Verlängerung der Erwerbstätigkeit hilft nicht nur, Beitragssatz- und Sicherungsziele zu stabilisieren, sondern erhöht auch die individuellen finanziellen Mittel zum Aufbau einer betrieblichen oder privaten Altersvorsorge.
Es ist an der Zeit, den Warnungen und Ratschlägen von Ökonomen die notwendige Ernsthaftigkeit entgegenzubringen. Verantwortungsvolle Politik muss auch unpopulär wirkende Entscheidungen vertreten, insbesondere dann, wenn diese Reformen dringlich sind, um einen wesentlichen Bevölkerungsteil, die jungen Generationen, vor der finanziellen Ausbeutung schützen. Sollte die Bundesregierung weiterhin wirksame Reformen der Alterssicherung hinauszögern oder gar verweigern, könnte das Bundesverfassungsgericht nach Artikel 3 des Grundgesetztes („Gleichheitsparagraph“) einen entsprechenden Eingriff zum Schutze jüngerer Generationen zeitnah erzwingen.
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