Schottergärten oder Biodiversität? Die Kontroverse um ein Verbot in deutschen Vorgärten

Ein neuer Trend hat in den vergangenen Jahren Einzug in deutsche Vorgärten gehalten: Der Schottergarten steht als pflegeleichte Alternative zum herkömmlichen Vorgarten im starken Gegensatz zu den jüngsten Bestrebungen, dem Klimawandel und dem Rückgang der Biodiversität etwas entgegenzusetzen. Im Jahr 2020 hat das Land Baden-Württemberg die Steingärten verboten und damit eine hitzige Debatte ausgelöst. Ist ein Verbot der richtige Weg?

55 Hektar Fläche werden in Deutschland täglich als Siedlungs- und Verkehrsflächen ausgewiesen. Dies entspricht einer Fläche von 78 Fußballfeldern, die täglich neu in Anspruch genommen wird. Es bedeutet zumeist eine Versiegelung und damit einhergehend einen drastischen Rückgang von Grünflächen, was Auswirkungen auf das Klima sowie die Biodiversität hat. Vor diesem Hintergrund ist es legitim, nach Wegen für mehr Grünflächen oder zumindest den Erhalt bestehender Grünflächen zu suchen. Das Verbot von Schottergärten ist hierbei ein Versuch, dem Rückgang Einhalt zu gebieten. Doch dieses Vorgehen findet nicht nur Befürworter.

Die Kritik am Verbot ist vielschichtig. Gegner des Verbotes weisen darauf hin, dass ein solches schwer zu kontrollieren sei. Dem muss entgegengesetzt werden, dass in Wohngebieten schon in vielfältigster Sicht reglementiert und kontrolliert wird: sei es beim Fällen von Bäumen oder bei der Farbauswahl der Dachziegel. Häufig wird auch das Argument des geringen Pflegeaufwands im Vergleich zu einem herkömmlichen Garten genannt. Hierbei wird zumeist außer Acht gelassen, dass dies nur kurzfristig zutrifft und auf lange Sicht auch ein Schottergarten intensive Pflege benötigt.

Die Diskussion geht jedoch weit über den Ursprung hinaus. So steht das Verbot von Schottergärten sinnbildlich für die Beschränkung der individuellen Freiheiten jedes Einzelnen. Wie weit sollte der Staat für das Wohl der Allgemeinheit in die Rechte des Einzelnen eingreifen dürfen und wo wird die Grenze gezogen? Auch vor dem Hintergrund einer sich aktuell immer weiter polarisierenden Gesellschaft sollte die Frage gestellt werden, ob das gewünschte Ziel überhaupt durch ein Verbot erreicht werden kann.

Beispiele aus der Vergangenheit belegen den Nutzen von Verboten. Das Rauchverbot in der Gastronomie, welches im Jahr 2007 eingeführt wurde, konnte das Herzinfarktrisiko bedeutend senken. Jedoch ist hier die Verhältnismäßigkeit zu beachten: während das Rauchverbot nahezu die gesamte Bevölkerung betrifft, wird der Anteil der Schottergärten an allen deutschen Vorgärten auf ca. 15 Prozent geschätzt.

Zweifelsfrei lassen sich für beide Seiten gute Argumente für bzw. gegen ein Verbot von Schottergärten finden. Möglicherweise lässt sich das Problem jedoch auch auf ganz andere Art und Weise lösen: Anstatt durch ein Verbot einen Schritt hin zu mehr Biodiversität und zum Schutz des Klimas zu wagen, würde durch eine Förderung von Grünflächen auf Privatgrundstücken dieses Ziel möglicherweise effizienter erreicht, ohne sich den Vorwurf des Eingriffs in persönliche Freiheiten gefallen lassen zu müssen.

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